Wenn die Eltern oder Großeltern älter werden und den Alltag nicht mehr selbstständig bewältigen können, dann stellen sich viele Angehörige die Frage, wie sie Hilfe und Unterstützung organisieren können. Pflegebedürftige Menschen wollen zumeist in ihrer vertrauten Umgebung bleiben.
In Deutschland entscheiden sich viele Familien für die häusliche Betreuung durch Pflegekräftige aus dem Ausland wie zum Beispiel sogenannte polnische Pflegekräfte. Wie finden Sie als Angehöriger Pflegekräfte aus dem Ausland? Worauf sollten Sie dabei achten? Ist die Beschäftigung polnischer Pflegekräfte in Deutschland überhaupt legal? pflege.de klärt auf und gibt praktische Tipps.
Inhaltsverzeichnis
Polnische Pflegekräfte: Definition und Begriffserklärung
Die „polnische Pflegekraft“ hat sich inzwischen als gängiger Ausdruck für eine ganz bestimmte Form der Seniorenbetreuung durchgesetzt: Frauen zwischen 20 und 60 Jahren aus einem osteuropäischen Land wohnen in Deutschland im Haushalt älterer Menschen, um sie pflegerisch und hauswirtschaftlich zu versorgen, zu betreuen und sie zu unterhalten. Dabei stammen beileibe nicht alle Betreuungspersonen aus Polen, sondern zum Beispiel auch aus Lettland, Litauen, Ungarn, Tschechien, Rumänien oder anderen osteuropäischen Ländern.
Was ist eine „Pflegekraft“?
Oft haben ältere Menschen Pflegebedarf, weil sie sich zum Beispiel nicht mehr alleine waschen, anziehen und zur Toilette gehen oder Einkäufe erledigen können. Um Menschen in dieser Lage zu helfen, leisten Pflegepersonen die sogenannte Grundpflege. In Deutschland übernehmen diese grundpflegerischen Leistungen in der Regel Familienangehörige, Verwandte, Freunde, Nachbarn, Pflegehilfskräfte oder Hauswirtschaftskräfte.
Benötigt ein Pflegedürftiger zu Hause medizinische Behandlungspflege, muss diese zwingend von einer examinierten Pflegekraft durchgeführt werden. Zu diesen Tätigkeiten zählen beispielsweise Blutdruckmessen, Kompressionsstrümpfe an- und ausziehen sowie die Medikamentengabe. Auch wenn eine Betreuungskraft aus Polen oder einem anderen osteuropäischen Land Ihre Eltern oder Großeltern versorgt, kann es deshalb zusätzlich nötig sein, für die Behandlungspflege einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen.
Wichtiger Hinweis
Bezeichnung „Polnische Pflegekräfte“
„Polnische Pflegekräfte“ ist ein umgangssprachlicher Sammelbegriff für Betreuungskräfte aus osteuropäischen Ländern, der jedoch nicht immer korrekt ist: Die wenigsten Betreuungspersonen sind ausgebildete „Pflegekräfte“ und nicht alle kommen aus Polen. Weil sich die Bezeichnung in unserem Sprachgebrauch aber für diese Form der Betreuung durchgesetzt hat, verwendet pflege.de diesen Begriff entsprechend.
Polnische Pflegekraft: Aufgaben und Leistungen
Die medizinische Behandlungspflege können und dürfen polnische Pflegekräfte nur leisten, wenn sie wirklich ausgebildete Pflegekräfte sind. Im Normalfall sind sogenannte „ausländische Pflegekräfte“ aber vielmehr auf eine allgemeine Alltagsbetreuung für hilfsbedürftige Menschen geschult.
Leistungen polnischer Pflegekräfte
Osteuropäische Pflegekräfte übernehmen in der Regel unterstützende Tätigkeiten im Haushalt und Alltag sowie die Grundpflege. Zu den Aufgaben einer polnischen Pflegekraft gehören demnach zum Beispiel:
Mobilisierende Unterstützung, zum Beispiel beim Aufstehen oder Umlegen
Hilfe beim Anziehen
Hilfe beim Toilettengang
Begleitung zu Arztterminen
Erledigung von Einkäufen
Erledigung von Aufgaben im Haushalt wie Kochen oder Putzen
Strukturierung des Tagesablaufs
Freizeitgestaltung wie Spaziergänge, Vorlesen und Unterhaltung
Polnische Pflegekräfte: Vor- und Nachteile
Die Altenpflege und Betreuung durch eine Pflegekraft aus Osteuropa bietet folgende Vor- und Nachteile:
Polnische Pflegekräfte: Gründe für die Anstellung
In Deutschland engagieren Familien für ihre pflegebedürftigen Eltern oder Großeltern Betreuungskräfte aus osteuropäischen Ländern überwiegend aus folgenden Gründen: Obwohl sie sich nicht mehr ausreichend allein versorgen können, möchten die pflegebedürftigen Familienmitglieder auf keinen Fall ihr gewohntes Zuhause aufgeben und in einem Pflegeheim leben. Ihre Familien können jedoch den angemessenen Versorgungs- und Pflegeaufwand zu Hause nicht gewährleisten. Eine Rundum-Versorgung durch deutsche Haushaltshilfen und Betreuerinnen ist aus finanziellen Gründen für viele Familien nicht darstellbar.
Neben der Versorgung des Haushalts und der Unterstützung bei der Grundpflege wünschen sich die Angehörigen vor allem bei alleinlebenden älteren Pflegebedürftigen, dass auch nachts jemand für sie da ist und tagsüber jemand für Unterhaltung, Beschäftigung und Anregung sorgt (24-Stunden-Betreuung). Einen umfassenden Service in Haushalt, Pflege und Betreuung zu leisten – dazu sind Helferinnen aus Polen oder anderen osteuropäischen Ländern erfahrungsgemäß gerne bereit, denn sie begegnen älteren Menschen mit besonderer Empathie und empfinden große Verantwortung für deren Wohlergehen.
Worauf Sie achten sollten:
Privatsphäre: Wer eine polnische Pflegekraft beschäftigt, lebt mit ihr unter einem Dach und teilt mit ihr seine Privatsphäre. Betroffene sollten sich deshalb gut überlegen, inwieweit sie dazu tatsächlich bereit sind. Alle Beteiligten müssen sich außerdem verstehen – sowohl sprachlich als auch menschlich. Je besser die Deutschkenntnisse einer ausländischen Helferin sind, desto schneller und einfacher kann sich eine freundliche, wertschätzende Beziehung entwickeln.
Alter der Pflegeperson: Auch das Alter kann entscheidend sein: Mit einer Frau zwischen 50 und 60 teilt man als älterer Mensch vermutlich mehr Interessen und Lebenserfahrung als mit einer jüngeren Frau um die 25 Jahre. Es erleichtert Ihre Entscheidung, wenn Sie gemeinsam mit Ihren Angehörigen vor der Anstellung einer polnischen Pflegekraft besprechen, worauf es Ihnen allen besonders ankommt.
Polnische Pflegekraft privat anstellen
Suchen Sie eine Pflegekraft aus dem Ausland, so gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie Betreuungspersonen und Pflegekräfte aus dem Ausland engagieren können: Sie können die Pflegekraft aus Polen anmelden und als Arbeitgeber anstellen. Eine weitere Möglichkeit ist die Vermittlung polnischer Pflegekräfte über eine Agentur, bei der Sie lediglich als Auftraggeber auftreten.
Die Agentur für Arbeit vermittelt Betreuungskräfte aus dem Ausland für die hauswirtschaftliche Versorgung und für grundpflegerische Tätigkeiten. Umfang der Leistungen sind maximal 38,5 Stunden pro Woche. Darüber hinaus sind eine angemessene Gehaltszahlung (Mindestlohn) sowie Kost und Logis sicherzustellen.
Sie sind in diesem Fall Arbeitgeber und müssen die Pflegekraft offiziell anmelden. Dies erfolgt über die Agentur für Arbeit und die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV).
Voraussetzung ist ein gültiger Arbeitsvertrag. Nur damit kann eine polnische Haushaltshilfe die Arbeitserlaubnis und Sie eine Betriebsnummer erhalten. Diese benötigen Sie unter anderem für die Anmeldung der Pflegekraft bei der Krankenkasse des Pflegebedürftigen. Als Arbeitgeber sind Sie zudem verantwortlich für die Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung der Betreuungskraft und müssen Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
2. Entsendemodell: Vermittlung von Pflegekräften
Osteuropäische Unternehmen dürfen Pflegekräfte nach Deutschland entsenden. Seriöse Pflegekräfte aus dem Ausland arbeiten nur auf Grundlage eines offiziellen Dienstleistungsvertrages zwischen Ihrem Arbeitgeber in Polen und Ihnen als Auftraggeber und können Bescheinigungen wie eine gültige Krankenversicherung nachweisen. Die maximale Dauer der Entsendung ist auf zwölf Monate beschränkt. Die meisten Betreuungskräfte bleiben zwei bis drei Monate in Deutschland.
Fordert man von Ihnen einen Gewerbeschein oder soll ein inoffizieller Vertrag geschlossen werden, sollten Sie misstrauisch sein. Nach- oder Strafzahlungen können als Konsequenz folgen.
Ausführliche Details zu den Vermittlungsmodellen sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile finden Sie im Ratgeber über die sogenannte „24 Stunden Pflege“.
Pflegekraft aus dem Ausland: Voraussetzungen
Für Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das bedeutet, sie können ohne besondere Genehmigung in Deutschland arbeiten.(3) Voraussetzungen sind ein Sozialversicherungsnachweis und eine sogenannte „Blaue Versicherungskarte“ (EKVK). Pflegekräfte müssen krankenversichert sein.
Pflegefachkräfte mit anderen Staatsangehörigkeiten, aus den sogenannten Drittstaaten, benötigen einen Aufenthaltstitel. Sie dürfen nach Deutschland kommen, um in ihrem erlernten Pflegeberuf zu arbeiten oder um eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf zu absolvieren.
Kosten und Verdienst für eine polnische Pflegekraft
Die Kosten für eine polnische Pflegekraft, Betreuungskraft oder Haushaltshilfe sind abhängig von der Beschäftigungsart, dem Pflege- und Betreuungsaufwand, ihren Deutschkenntnissen und ihrer Qualifikation. Sie können monatlich zwischen 2.000 und 5.000 Euro liegen.
Die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen einschließlich Pflegeleistungen sind für die betreuungsbedürftige Person bis zu 4.000 Euro pro Jahr steuerlich absetzbar.
1. Kostenbeispiel für das Arbeitgebermodell
Wenn Sie eine polnische Pflegekraft anmelden und selbst beschäftigen, kommen zu den Lohnkosten Sozialversicherungsbeiträge und Steuern hinzu – rechnen Sie hier insgesamt mit mindestens 2.500 Euro pro Monat je Betreuungsperson. Da Sie bei diesem Modell aufgrund der Erholungszeiten- und Urlaubsansprüche mehrere Betreuungspersonen parallel beschäftigen müssen, belaufen sich die Kosten hier auf schätzungsweise etwa 5.000 Euro monatlich.
Für Kost und Logis sollten Sie zusätzlich schätzungsweise rund 420 Euro kalkulieren. Außerdem muss für die Haushaltshilfe eine Unfallversicherung (rund 25 Euro pro Jahr) abgeschlossen werden. Überlegen Sie, ob Sie Urlaubs- und Weihnachtsgeld zahlen oder anteilig Reisekosten übernehmen wollen.
2. Kostenbeispiel für das Entsendemodell
Die Kosten für eine polnische Pflegekraft setzen sich aus den Lohnkosten, den Aufwendungen für Kost und Logis, Fahrtkosten sowie eventuell Gebühren der Vermittlungsagentur und des Entsendeunternehmens zusammen. Auch für polnische Haushaltshilfen gilt der gesetzliche Mindestlohn von 13,70 Euro brutto je Stunde (Stand: Januar 2022).(1)
Seit September 2022 erhalten ungelernte Pflegehilfskräfte nach der 4. PflegeArbbV 13,70 Euro brutto pro Stunde . Der Mindestlohn in der Pflege ist inzwischen bundesweit gültig, während im April 2021 noch zwischen neuen und alten Bundesländern differenziert wurde.(5) Als Faustregel gilt: Liegt das Angebot der Agentur oder des ausländischen Arbeitgebers für eine Betreuungskraft wesentlich unter 2.192 Euro, dann wird der Mindestlohn nicht eingehalten.
Zuschüsse von der Pflegekasse
Für die Beschäftigung einer polnischen oder osteuropäischen Helferin können Sie im Einzelfall Leistungen der Pflegeversicherung (zum Beispiel Pflegegeld oder Verhinderungspflege) erhalten. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, allen voran das Vorliegen eines Pflegegrades für den Pflegebedürftigen.